Hier melde ich mich wieder, aus dem mittleren Ostens Amerikas! Anfangs hat mich Bethany, das 1000-Mann-Dorf ja echt abgeschreckt, nach dem Motto ‚Wird es mir denn hier nicht langweilig?‘, aber diese Sorge war völlig unbegründet.
Ich bin mit meinen Kursen gut beschäftigt, schreibe viele ‚papers‘, ‚quizzes‘ und ‚exams‘ und habe sogar ein Praktikum an einer Elementary School absolvieren dürfen. Außerdem unterrichte ich Deutsch in den practice sessions, was mich persönlich am meisten stärkt. Nicht nur im Hinblick auf meine berufliche Zukunft, sondern auch als Hörgeschädigte. Gibt man sich von Anfang an selbstbewusst mit der Hörschädigung und sackt nicht in sich zusammen, wenn man drei Mal den einen Studenten jetzt nicht verstanden hat, sondern ausstrahlt: Ich kann hörende und schnell englisch sprechende Kommilitonen unterrichten! Dann fangen die anderen an, das auch zu glauben, und kleine Missverständnisse werden eher locker genommen und es wird bereitwilliger wiederholt.
Mittlerweile fühle ich mich gerade dadurch, dass das College und der Ort so klein ist, echt wohl hier, denn man erlebt eine wesentlich familiärere Atmosphäre. Auf dem Weg zum nächsten Kurs oder auch bei kleinen Spaziergängen, trifft man immer ein paar Leute und verquatscht sich, auch mit den Professoren und den Beschäftigten der Mensa albert man herum. Dadurch, dass ich mich an die Stimmen mittlerweile gewöhnen konnte, habe ich das Gefühl, die Leute auch generell besser verstehen zu können, weil ich ja jetzt weiß, worauf ich bei wem achten muss.
Unter der Woche finden oft Events statt, und am Wochenende bin ich fast immer unterwegs. Ob Neverland-Musical, Kürbisschnitzen, Halloweenparties, Talentshows, International Dinner mit Musik und Tanz, Ausflüge nach Pittsburgh, Warhol-Museum, Nachmittag auf einer Farm mit Kajakfahren und Lagerfeuer, Dinner bei verschiedenen Professoren und auch bei der Präsidentin, Shoppen in großen Outlets, auf Jagd nach Fastfood Restaurants, die wir nicht haben, spannende Volleyballturniere, oder auch mal kleine Spaziergänge durch unsere idyllische Gegend, nur mit mir selbst, um alles ein wenig zu verarbeiten.
Dadurch, dass gerade einfach ständig was passiert, und ich superhappy bin in meinem neuen Zuhause, vergesse ich manchmal, dass sich daheim die Welt auch weiterdreht. Unser Hund ist verstorben, ohne dass ich mich verabschieden konnte, und mein Opa wurde 90 Jahre alt und ich konnte nicht dabei sein. Dank Facebook, Whatsapp und Facetime schaffe ich es jedoch trotzdem gelegentlich, meine Kontakte daheim nicht komplett zu vernachlässigen!
Ein großes Thema war Anfang November die Wahl des neuen amerikanischen Präsidenten, Donald Trump. Die Medien waren schon Wochen vorher überlaufen davon, aber auf dem Campus redet man leider nicht wirklich über Politik. Ich habe trotzdem alle möglichen Leute gefragt, weil es mich einfach interessiert hat, wie die Meinungen tatsächlich sind, und habe interessante Gespräche geführt, in denen ich die Standpunkte beider Lager doch teilweise gut nachvollziehen konnte. Am Wahlabend waren viele bis nachts um 3 Uhr fürs Ergebnis wach, ich bin am nächsten Morgen nichtsahnend aufgewacht und war erst mal geschockt, da ja die meisten Prognosen eigentlich Clinton schon als Präsidentin gesehen haben. In größeren Städten wurden einige Demos ausgelöst, hier blieb es jedoch still. Dennoch konnte man eine resignierte und fassungslose Stimmung auf dem Campus spüren.
Bald ist unser Thanksgiving Break, in der ich mit den anderen deutschen Austauschstudenten nach New York reisen werde! Ich wollte schon immer mal in diese bunte Stadt, die niemals schläft – dieser große Traum wird sich endlich erfüllen!
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