Nach langer Planung habe ich es endlich geschafft, einen Interview-Termin mit dem Disability Service der University of Newcastle zu vereinbaren. Michelle Campbell, die Managerin des Centers, hat mir ungefähr 30 Minuten ihrer wertvollen Zeit geschenkt, um dieses Interview durchzuführen. Die Zeit war wertvoll, da Michelle und ihr siebenköpfiges Team circa 800 Studenten mit einer Behinderung pro Semester betreuen – verstreut über die vielen Standorte der Uni of Newcastle wie Newcastle, Sydney, Singapur und Ourimbah. Von diesen 800 Studenten fallen 40% in den Bereich Mental Health, übersetzbar mit geistiger Gesundheit (ADHS, Down Syndrome, Autismus, Lernschwierigkeiten etc.). 60% setzen sich aus einer Vielfalt an möglichen Formen von einfachen bis Mehrfachbehinderungen zusammen. Der Disability Service wird ungefähr zu 40% von der australischen Regierung finanziell subventioniert, den Großteil muss daher die Uni selbst aufbringen. Hut ab!
Das größte Problem, welchem die Studenten mit Behinderung begegnen, sind die unzureichenden Fertigkeiten, um alleine im Unialltag zurecht zu kommen. Hierfür sind die Mitglieder des Teams im Bereich Case Management ausgebildet, um den Studenten eben diese Fähigkeiten beizubringen. Hierfür werden meist Gruppentreffen mit Studenten organisiert, die sich mittlerweile gut zurecht finden. Die zweite große Aufgabe des Disability Centers ist die Unterstützung bei Vorlesungen, Klausuren und Essays. Adaptive Technologie, Transkriptionen, Hörschleifen, verschiedenfarbiges Papier für Klausuren und ergonomische Einrichtung sind nur einige Beispiele des Aufgabenspektrums. Besonders interessant fand ich, dass ganze Vorlesungen und Klausuren in andere Räume umverlegt werden, falls der Raum den Anforderungen eines einzelnen Studenten nicht gerecht wird! Allerdings muss hierfür ein Arzt einen Beleg ausschreiben.
Leider ist es auch in Australien so, dass Studenten die eine Behinderung haben, tendenziell sehr lange studieren. 20 oder mehr Semester sind keine Seltenheit. Um den Prozess zu beschleunigen, stellt die Uni andere Studenten ab, um den betroffenen Studenten bei Herausforderungen, wie dem Aufschreiben von Notizen während der Vorlesung, zu helfen.
Zu guter Letzt noch etwas, was ich zum ersten Mal gehört habe: Australien beziehungsweise New South Wales hat ein Programm, welches Menschen mit Behinderung Plätze an Unis verschafft. Wenn die Noten an der Schule nicht ausreichen, greift das Programm mit dem Namen NEWSTEP den betroffenen Schülern unter die Arme und verschafft ihnen spezielle Zulassungen an den Unis. Das erinnert an das Härtefallantragsverfahren in Deutschland, ist aber wesentlich weniger kompliziert.
Bis zum nächsten Mal!
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